Rückblick auf die 1. Studienwoche 2025 in Jakkoji, Schönböken
Jedes Jahr finden im Mokushōzan Jakkō-ji, neben mehreren Sesshins und Sommerlagern, drei Studienwochen statt. Das Mokushōzan Jakkō-ji ist das Zen Zentrum der Zen Vereinigung Deutschland und befindet sich in Schönböken bei Ruhwinkel, in Schleswig-Holtstein.
Während bei einem üblichen Sesshin der Fokus auf der Praxis des Zazen liegt, liegt der Schwerpunkt bei einer Studienwoche etwas anders. Mit Zazen wird in den Tag gestartet, und dieser auch beendet, dazwischen aber widmen wir uns dem Samu (Arbeit), dem Lernen / Einüben von Abläufen und Tätigkeiten rund um das Dōjō, sowie auf Teishō (Unterweisungen). Die Teishō beziehen sich dabei auf das tiefergehende Studium unterschiedlicher Texte und Sūtren des (Zen-) Buddhismus. In diesem Jahr drehten sich die Studienwochen beispielsweiße um das Buch "You have to say something" von Dainin Katagiri Roshi.
Wie der Name Studienwoche schon nahe legt, umfasst jede 7 Tage. Dabei ist der Nachmittag/Abend des ersten Tages aber erst einmal die Zeit des Ankommens in Schönböken.
Ankommen
Das Ankommen im Jakkō-ji fängt nicht erst an, wenn man das Büro für die Anmeldung betritt, sondern schon über einen Kilometer davor. Sobald man von der Bundesstraße abfährt, befindet man sich in einer kerzengeraden Allee aus knapp 250 Linden. Am Ende dieser Allee lässt sich schon das alte Torhaus des über 200 Jahre alten ehemaligen Gut Schönböken erkennen, welches nun das Zen-Zentrum beherbergt.
Der Eingang zum Mokushōzan Jakkō-ji ist das als Torhaus aus roten Klinker.
Wenige Meter nach der Linden-Allee steht man dann vor dem Torhaus aus rotem Klinker. Direkt davor fängt schon der erste Baum an zu blühen und mit etwas Glück kann man Falken beim Nestbau, oben im Turm beobachten. Sobald man den Torbogen durchschreitet findet man sich in einem, ursprünglich als englischen Garten angelegten, Park wieder. Gerade zu, von der Allee und dem Torbogen aus, blickt man auf das Herrenhaus im neugotischen Stil. Dazwischen ist ein Teich, der das Gelände teilt. Viele Bäume hier sind bereits über 100 Jahre alt. Neben dem Moosgarten blühen schon die ersten Büsche und Sträucher. Zwischen den Bäumen liegt ein Teppich aus Buschwindröschen.
Zwischen den Bäumen, direkt am Teich, ein kleiner Moosgarten. Zu dieser Jahreszeit versteckt unter einem Teppich aus Buschwindröschen.
Im Herrenhaus angekommen, gilt es sich erst einmal anzumelden. Wem noch etwas wie z.B. Zafu, Zafuton, Bettzeug oder Oryoki-Schalen fehlen, kann es sich hier auch noch direkt ausleihen. An der Wand hängt ein Übersichtsplan über alle Zimmer — Zeit herauszufinden wo man die nächsten Nächte schlafen wird und mit wem man sich alles das Zimmer teilt.
Auf dem Zimmer ein Bett aussuchen, alles notwendige auspacken und die Oryoki-Schalen mit auf den Altar-Tisch stellen. Viel braucht man nicht für einen Sesshin, da ist auch schnell ausgepackt. Bevor es um 20 Uhr noch ein gemeinsames Abendessen und eine kurze Besprechung gibt ist noch etwas Zeit. So kann man auch erst noch einmal schauen wer sonst noch alles schon angekommen ist. Auch ist noch genügend Zeit, um sich in das abendliche Sonnenlicht auf eine Bank zu setzen. Die Wärme genießend kann man so hören und erzählen, was seit dem letzten Zusammentreffen alles so passiert ist.
Versteckt zwischen Büschen eine Parkbank. Ideal um Eichhörnchen und andere Tiere im Park zu beobachten.
Beim gemeinsamen Abendessen wird der Ablauf der nächsten Tage besprochen.
Ablauf der Studienwoche
Der Ablauf ist dieses mal wie folgt:
Tag 1:
Anreise
Tag 2 bis 5:
5.30: Wecken
6.15 bis 8.00: Zazen und Zeremonie
8.20 bis 9.00: Gen-Mai (mit Schalen im Dōjō)
9.10 bis 9.50: Samu
9.50 bis 10.20: Café-Pause
10.30 bis 11.30: Teishō
11:45 bis 12.00: Zeremonie
12.30 bis 13.10: Mittagessen (mit Schalen im Kaminsaal)
13.10 bis 15.00: Pause / Studium
15.00 bis 18.00: Samu
18.00 bis 18.45: Pause / Duschen
18.45 bis 19.15: Abendessen (ohne Schalen im Kaminsaal)
20.15 bis 21.45: Zazen und Hannya Shingyō
22.15: Nachtruhe
Tag 6:
5.30: Wecken
6.15 bis 8.00: Zazen und Zeremonie
8.20 bis 9.00: Gen-Mai (mit Schalen im Dōjō)
9.10 bis 9.45: Café-Pause
9.45 bis 10.40: Samu
11.00 bis 12.15: Zazen
12.45 bis 13.30: Mittagessen (mit Schalen im Kaminsaal)
13.30 bis 15.00: Café-Pause / Ruhe
15.00 bis 16.00: Samu
16.30 bis 18.15: Zazen
19.00 bis 20.00: Zazen und Hannya Shingyō
20.30 bis — : Abendessen und Beisammensein (Kaminsaal)
23:00: Nachtruhe
Tag 7:
6.15: Wecken
7.00 bis 8.10: Zazen und Zeremonie
8.30 bis 9.10: Gen-Mai (mit Schalen im Dōjō)
9.10 bis 9.40: Samu
9.40 bis 10.20: Café-Pause
10.30 bis 11.30: Mondō
12.00: Brunch
ca. 13.00: Abschluss-Samu
Dieser Ablauf ist etwas anders als üblich, da an Tag 3 und 4 Besuch aus dem europäischen Büro der Sōtō Shū in Paris erwartet wird. Sonst ist am vierten Tag bereits der Sesshin-Tag, welchem nur ein normales Abendessen mit anschließendem Zazen und Hannya Shingyō folgt. An Tag fünf ist tagsüber der übliche Ablauf, lediglich am Abend wird Zazen mit Hannya Shingyō und das Abendessen getauscht, sodass das Abendessen, wie diesmal am sechsten Tag, Open-End ist.
Studientage
Der erste volle Tag beginnt, wie auch die folgenden sechs Tage, mit Trommeln und lauten Glöckchen welche trampelnd durch die Flure getragen werden. Sofern man nicht gerade Ohrstöpsel trägt, um dem potentiellen Schnarchen der Zimmernachbarn zu entgehen, ist dieser Wecker quasi nicht zu überhören. Mit ca. 40 Minuten ist nun zum Glück genügend Zeit, um sich in Ruhe fertig zu machen und pünktlich mit dem Schlagen des Holzes in Richtung des Dōjō im Torhaus zu gehen.
Morgenzazen und Zeremonie
Obwohl es erst kurz nach 6 Uhr morgens und die Sonne gerade noch am Aufgehen ist, ist im Park schon richtig viel los. Singvögel machen ihren Namen alle Ehre, Enten starten und landen auf dem Teich und zwischen den Büschen und Bäumen sind Hasen und, mit etwas Glück, sogar Rehe zu erahnen.
Das Dōjō im Torhaus.
Innerhalb weniger Minuten füllt sich das Dōjō und es wird still. Einzig die Tür der Torhauses hört man noch einmal kurz klappern, wenn Ludger herein kommt. Als Morgen-Ritual läuft er die Praktizierenden ab und macht Gasshō vor jeder Reihe. Die Sitzenden falten, sobald Ludger bei ihnen ist, kurz selbst die Hände zum Gasshō. Auf diese Weise bewegt sich ein morgendlicher Gruß, wie eine Welle durch das Dōjō. Dann erklingen drei Schläge auf die kleine Glocke: Beginn des Zazen.
Während des Zazen geht draußen langsam weiter die Sonne auf. Man hört, wie immer mehr Tiere im Park aktiv werden und auch das Treiben im Dorf langsam zu nimmt. Über dem Dōjō aber liegt die Stille des Zazen. Lediglich die Klänge und das Kyōsaku durchbrechen diese. Gerade am ersten Morgen hört man das Kyōsaku nur selten, wenn überhaupt. Je weiter ein Sesshin, oder auch die Studienwoche voran schreitet, je häufiger nehmen Leute die Gasshō Haltung ein, um Kyōsaku zu erbitten. Der Schlag durchschneidet die Stille des Dōjō und bringt so auch andere, die möglicherweise abgedriftet waren, zurück. Es gilt aber aufzupassen, nicht das Kyōsaku-Empfangen — sowohl das direkte, als auch nur durch das Hören — zu einem weiteren Spiel zu machen.
In der zweiten bzw. dritten Zazen-Periode gibt Ludger typischerweise ein kurzes Kusen. Auch diese haben während der Studienwoche einen Bezug auf den Studientext und Ludger's Teishō.
Mit dem Signal zum Öffnen der Stille (Kaijō), kommen am Morgen die verschiedenen Instrumente des Dōjō zum Einsatz. Zuerst hört — oder vielmehr spürt — man die Taiko. Dazu kommt dann das Holz (Han) sowie die Glocke und zuletzt auch das Inkin. Alle Stimmen in das Kesa-Sutra ein, bevor dann alle ordinierten ihr Kesa bzw. Rakusu anlegen.
Die Zafu und Zafuton werden zur Seite geräumt und es wird sich links und rechts vom Altar aufgestellt für die Morgen-Zeremonie. Begleitet vom Inkin kommt Ludger, der kurz zuvor das Dōjō verlassen hat, wieder herein, verbeugt sich mit allen zusammen und setzt Räucherwerk auf den Altar. Nach drei Niederwerfungen (Sampai) beginnt die Rezitation mit dem Hannya Shingyō. Neben dem Herzsutra werden noch die Bodhisattva Gelübde (Shiguseiganmon), das Sandokai und die Namen der Buddhas und Vorfahren, sowie verschiedene Eko rezitiert. Nach drei weiteren Niederwerfungen endet der Teil der Morgenzeremonie im Dōjō.
„Morgenzeremonie —
im Takt des Mokugyo
eine Ente“
Auf dem Weg vom Torhaus zum Haupthaus kann man, wenn man genau hinschaut, eine Abzweigungen einen kleinen Hügel hinauf erkennen. Dort oben sind Gedenksteine und -stelen für die verstorbenen Mönche und Nonnen. Teil der Morgenzeremonie ist auch diesen Räucherwerk darzubieten. Anschließend gibt es noch eine kurze Rezitation des Küchen-Sutra in der Küche im Keller. Weil dort aber nicht alle reinpassen gehen viele schon vor, auf ihr Zimmer, um schnell die Ōryōki-Schalen für das Frühstück zu holen.
Genmai zum Frühstück
Wenige Minuten später ist auch schon das Küchenblech zu hören: das Signal sich im Dōjō zum Ōryōki einzufinden. Für Menschen, welchen es schwer fällt im Dōjō und damit auf dem Zafu zu frühstücken, gibt es aber auch die Möglichkeit des Ōryōki in der Cafeteria.
Die großen, schweren Töpfe mit dem Frühstück, bestehend aus Genmai (einem pikanten Reisbrei); Gomasio (eine Gewürzmischung aus Sesam und Salz); und in Soja-Soße eingelegtem Gemüse, wird dick eingepackt mit Handkarren vom Haupthaus zum Torhaus geschoben.
Noch während das Küchenblech durch den Park schallt, finden sich alle an ihrem Platz — egal ob im Dōjō oder in der Cafeteria — ein. Sobald auch Ludger da ist, beginnt die Essenszeremonie mit dem Rezitieren des Gyōhatsu nenju. Begleitet durch die Taiko und Rezitation werden so gemeinsam die Schalen ausgepackt und positioniert, eine Opfergabe des Essens auf den Altar gestellt und schließlich auch das Essen empfangen. Dafür kommen dem Service zugeteilte Praktizierende herein; in den Händen eine Art Tablett mit Schalen für Genmai, Gomasio und Gemüse, gehe sie immer auf zwei Personen zu. Man verbeugt sich voreinander, bevor man das Essen gibt bzw. empfängt. Das Alles geschieht ohne ein Wort. Die Verständigung, wer etwas will und wie viel, geschieht ausschließlich durch Gesten und das aufmerksame Beobachten der Anderen.
Sobald alle etwas in den Schalen haben, werden mit den letzten Zeilen der Rezitation die Stäbchen und auch der Löffel auf bzw. in der Schale positioniert. Man hebt die große Schale mit dem Genmai etwa auf Stirnhöhe und verbeugt sich leicht, bevor man zu essen beginnt.
Nach einer Weile, wenn soweit alle fertig sind, gibt es mit den Taku (zwei Hölzer die aufeinander geschlagen werden) das Signal für den Nachschlag. Wieder kommt der Service herein. Wer Löffel bzw. Stäbchen neben den Schalen liegen hat, zeigt den Wunsch noch etwas zu bekommen.
Wenn auch der Nachschlag aufgegessen wurde, fängt das Saubermachen der Schalen an. Zuerst säubert man die Schalen mit dem Setsu grob vor. Anschließend wird vom Service Tee in die große Schale gegeben. Hiermit wird eine Schale nach der anderen gereinigt, inklusive Löffel und Stäbchen. Am Ende ist so der Tee in der kleinsten Schale und wird nach einigen Zeilen Rezitation ausgetrunken. Sobald die Schalen wieder verstaut sind, wird aufgestanden, ein letztes Gasshō und es geht zurück ins Haupthaus.
Durch die Stille und den Ablauf der Zeremonie, wird aus dem Frühstücken, eine Praxis, in welcher es auf ein Gleichgewicht aus verschiedenen Aspekten ankommt. Einerseits darf man den Ablauf nicht aus den Augen verlieren. Die Taku und Taiko geben den groben Ablauf vor. Aber für die Details, das Miteinander, muss man stehts aufmerksam sein. Man sollte sich nicht hetzen, und dadurch möglicherweise noch eine Schale umwerfen, aber man darf auch nicht trödeln.
Samu — Arbeit für die Gemeinschaft
Die Trommel im Treppenhaus dient nicht nur zum Wecken, sondern auch um den Beginn und das Ende des Samu zu signalisieren. Neben dem Zazen und dem Studium liegt der Fokus der Studienwoche auch auf Samu, der Arbeit für die Gemeinschaft.
Für jeden Bereich, wie z.B. dem Putzen, der Gartenarbeit, Küche oder auch Spülküche, gibt es Verantwortliche. Alle, die bisher ohne Samu-Aufgabe sind, treffen sich am ersten Studientag auf der Eingangstreppe des Haupthauses. Dort wird geklärt an welcher Stelle noch Bedarf nach helfenden Händen ist und alle werden eingeteilt.
Wer für das Putzen eingeteilt wurde kümmert sich um die Toiletten, den Gaitan (Vorraum des Dōjō) und/oder die Flure. Sollte man doch einmal schon eher mit den eigenen Aufgaben fertig sein, gibt es in den anderen Bereichen immer noch Bedarf an Hilfe.
Die Gemeinschaft, aber auch das Zen-Zentrum lebt mit von der gemeinsamen Arbeit. Nicht nur müssen während der Sesshin und Studienwochen alle Praktizierenden versorgt werden — nicht nur mit Nahrung, sondern auch sauberen, nutzbaren Räumen, Toiletten, etc. —sondern es muss auch etwas dafür getan werden diesen Ort der Praxis zu erhalten, zu pflegen und weiter zu entwickeln. Ein Ort der Praxis entsteht erst, wenn man selbst auch mit anpackt.
Das Ende des Samu, und damit den Beginn einer kleinen Kaffee-Pause wird wieder mit der Taiko im Treppenhaus bekanntgegeben. Wer mag, und nicht gerade im Service der Cafeteria arbeitet, kann sich nun einen Kaffee oder Tee holen und drinnen oder draußen kurz entspannen. Bevor es in den Kaminsaal zum Teishō geht.
Teishō
Zum Beginn des Teishō gibt es eine kleine Zeremonie. Wenn es soweit ist, und alle sich im Kaminsaal versammelt haben, kommt Ludger begleitet vom Inkin herein und steckt ein Räucherstäbchen in eine Schale. Sobald er an seinem Platz angekommen ist, wird anschließend das Kaikyōge (Vers der Sutra-Öffnung) rezitiert.
„Mū jō jin jin mī myō hō.
Hyaku sen man gō nan sō gū.
Gā kon ken mon toku jū jī.
Gan ge nyō rai shin jitsu gī.“
zu deutsch:
„Dem Buddha Dharma, unvergleichlich tiefgründig und bis ins kleinste stubtil,
ist schwerlich zu begegnen selbst in hunderttausend Millionen von Ewigkeiten.
Jetzt können wir ihn erkennen, hören, ihn annehmen und bewahren:
Mögen wir vollständig die Bedeutung der Lehre des Tathāgatas erfassen.“
Bei den Teishō von Ludger in der Studienwoche ist es ist nicht einfach nur ein Dharma-Vortrag, sondern wir lesen auch gemeinsam einzelne Textstellen aus dem Buch "You have to say something" von Dainin Katagiri Roshi durch. Er kommentiert sie und lädt dazu ein Fragen zu stellen, aber auch eigene Gedanken dazu zu teilen. Falls einem im Nachgang noch eine Frage, oder ein Gedanke einfällt, kann man diese auch zum nächsten Teishō noch einbringen. Über die gesamten Studienwochen hinweg wird auf diese weise immer etwas anderes behandelt und besprochen. Wer mag kann also alle drei Studienwochen bleiben, ohne, dass es sich wiederholt.
Am vierten Tag wurde das Teisho aber nicht von Ludger gehalten, sondern von Soho Kakita Roshi. Dieser leitet zur Zeit das europäische Büro der Sōtō Shū in Paris. Bereits vor über 30 Jahren war er zu Besuch in Schönböken und hatte schon länger den Wunsch nocheinmal zu kommen. Sein Teishō hatte mehr von einem klassischen Vortrag. Er hat dabei von seiner Zeit als Inō im Chokoku-ji erzählt und aus dem Kichijozan Eiheiji Shuryo Shingi gelesen und das gelesene kommentiert. Der Text stammt von Dōgen und umfasst ein Regelwerk für das Verhalten in Studienhallen eines Klosters. Viele der Regeln wirken auf den ersten Blick sehr aus der Zeit gefallen, aber man kann noch immer etwas daraus lernen — auch wenn es nicht (mehr) um eine eins-zu-eins Umsetzung eben jener geht.
Mittagszeremonie und Mittagessen
Wer sich nicht bereits zum Teishō Kimono / Kolomo oder passende Kleidung für Zazen angezogen hat, nutzt die wenigen Minuten zwischen dem Ende des Teishō und dem Aufruf zur Zeremonie mit dem Holz, um sich noch umzuziehen.
Im Dōjō angekommen stellen sich alle direkt links und rechts vom Altar auf, genau wie bei der Morgenzeremonie. Der Grundablauf ist auch sonst nahezu identisch zur Morgenzeremonie. Allerdings wird die Mittagszeremonie neben Ludger an unterschiedlichen Tagen auch durch Nachfolger von ihm, sowie dieses mal an einem Tag durch Kakita Roshi geleitet. Rezitiert werden, begleitet von Mokugyo und der großen Glocke sowohl das Hannya Shingyō, das Kannongyō wie auch die dazugehörigen Eko.
Nach der Zeremonie ist es an der Zeit die Ōryōki Schale für das Mittagessen zu holen. Wer mag oder Sorge hat Kimono oder Kolomo beim Mittagessen zu bekleckern kann sich auch schnell noch umziehen.
Anders als beim Frühstück, wird nun gemeinsam im Kaminsaal gegessen. Dabei werden zwar wieder Essschalen verwendet, aber die Zeremonie wird kürzer gehalten als am Morgen. Statt das gesamte Gyōhatsu nenju zu rezitieren, werden nur kurze Mahlzeiten-Verse genutzt. Vor dem Essen ist es das Shoku Zen No Ge:
„Nyaku on jiki ji
Tō gan shu jō
Zen etsu i jiki
Hō ki jū man.“
zu deutsch:
„Wir empfangen und essen diese Mahlzeit jetzt mit Andacht,
in Verbindung mit allen fühlenden Wesen.
Möge die Freude dieser Praxis zur Kraft des Dharma werden
und die zehn Richtungen ausfüllen.“
Zu Mittag gibt es üblicherweise neben einem Getreidebrei oder Nudeln in der großen Schale, etwas Suppe in die Mittlere und Obst oder Gemüse in die kleine Schale.
Nachdem auch der Nachschlag aufgegessen wurde, wird wieder Tee serviert zum Säubern der Schalen. Zum Abschluss rezitiert die Person, welche auch mit den Taku die Signale für die Essenszeremonie gibt noch einen kleinen Vers, bevor alle in die Mittagspause und Studienzeit entlassen sind.
Pause / Studienzeit und Nachmittag-Samu
Die Mittagspause ist generell selbst organisierte Zeit. Viele nutzen diese, um sich zumindest kurz noch einmal hinzulegen und etwas schlaf nachzuholen. Schließlich ist der Tag durchaus anstrengend und für die meisten ist der Tagesrhythmus doch ein ganz anderer als in ihrem Alltag. Andere machen einen Spaziergang, fahren mal eine Runde mit dem Fahrrad oder setzen sich zusammen, um im Buch der Studienwoche zu lesen und sich auszutauschen. Besonders am ersten Studientag ist auch die Zen-Boutique, eine kleiner Laden im Keller des Haupthauses, gut besucht. Wer das Buch bisher noch nicht hat kann es sich dort noch kaufen. Daneben gibt es aber auch alles andere für den Zen Bedarf: Räucherstäbchen, Zafu und Zafuton, Bücher, Samue, und noch vieles mehr. Geführt wird der Laden von einer Nonne, welche bei Fragen, insbesondere auch zu Näharbeiten immer einen hilfreichen Rat hat.
Mit erneut, durch das Haus hallendem Taiko, endet die Mittagspause und es wird zum erneuten Samu aufgerufen.
Während dieser Samu-Zeit gibt es auch die Möglichkeit sein Wissen und seine Übung in den verschiedensten Diensten rund um die Praxis und das Dōjō aufzufrischen. So gibt es Einführungen in die verschiedenen Instrumente, oder auch den Ablauf des Kyosaku.
Ansonsten setzt jeder seine Arbeiten, für die er oder sie am ersten Samu der Studienwoche eingeteilt wurde, fort. Für alle die am Vormittag zum Putzen eingeteilt sind, steht — zumindest wenn es, wie auch dieses mal, das Wetter zulässt — am Nachmittag Arbeit im Garten an.
Im Park mussten vor kurzem leider erneut alte Bäume gefällt werden. Die Trockenheit der letzten Jahre hat ihnen derart zugesetzt, dass ein Stürzen auf das Haus nicht ausgeschlossen werden konnte. Daher wurden die Kronen der betroffenen Buchen geschnitten und die Stämme in einer passenden Länge als Totholz stehen gelassen. Aus den Stamm-Abschnitten und Ästen wird Feuerholz gemacht, um damit das Torhaus zu Heizen und die Duschen mit Warmwasser zu versorgen. Dafür muss aber auch erst einmal das Holz gespalten werden. Um den Boden im Park nicht zu zerstören und noch mehr Schäden anzurichten, muss das Holz mit Schub- und Sackkarren nach vorne zur Spaltmaschine auf den Parkplatz am Torhaus gebracht werden. Aus kleineren Ästen und Zweigen, welche für das Trocknen und Verbrennen nicht geeignet sind wird an der Rückseite des Geländes eine Benjeshecke gebaut. Einerseits hilft das vielen kleinen Tierchen und Pflanzen, andererseits hilft es auch ein bisschen die Rehe davon abzuhalten den Gemüsegarten zu plündern. Und wem das noch nicht genug ist, kann auch noch beim Unkrautjäten, Beete Vorbereiten oder Holz-Stapeln helfen.
Nach dem Samu gibt es noch einmal eine 45 minütige Pause. So hat jede/r die Gelegenheit sich noch einmal zu duschen und kurz zu entspannen, bevor es mit dem Abendessen weitergeht.
Abendessen und Abendzazen
Zum Abendessen ruft, wie auch zum Frühstück und Mittag, das Küchenblech. Diesmal aber wird auf die Ōryōki verzichtet, aber dennoch vor und nach dem Essen rezitiert. An den meisten Tagen steht eine Suppe mit frisch gebackenem Brot und einer süßen Nachspeise auf dem Essensplan.
Vor dem Abendzazen ist nun auch noch etwas Zeit. Wer in einer der Spülküchen für Samu eingeteilt ist, huscht nun aber noch schnell nach unten. Gerade, weil zum Abendessen keine Schalen, sondern normales Geschirr benutzt wird, ist nun zum Abschluss des Tages noch ein letztes mal einiges zu tun.
Mit dem Klang des Holzes finden sich alle zum letzten Mal des Tages im Dōjō ein. Wie schon am Morgen gibt es zwei Runden Zazen mit einem Kusen in der zweiten Runde. Die Abendzeremonie verläuft allerdings anders. Anstatt sich nach dem Zazen links bzw. rechts vom Altar aufzustellen, bleibt jede/r an seinem Platz. Für das Rezitieren des Hannya Shingyō dreht man sich einfach um. Anschließend legen alle mit Rakusu bzw. Kesa diese ab und legen sie vor sich auf ihr Zafu. Zum Abschluss gibt es noch Sampai vor dem zusammengelegten Rakusu bzw. Kesa. Wer keines hat, macht einfach, wie sonst auch, die drei Niederwerfungen.
In der Zwischenzeit ist draußen auch der letzte Rest Sonnenlicht verschwunden. Man könnte meinen, es wäre nun Stockfinster, aber da hat man falsch gedacht. Wenn es, wie in dieser Studienwoche, die Wolken zulassen hat man eine unglaublich schönen Blick in den Sternenhimmel. Glücklicherweise gibt es im näheren Umfeld keine größere Anlage oder Stadt, welche durch Lichtsmog den nächtlichen Himmel verschleiern könnte. Und so offenbaren sich jeden Abend, auf dem Rückweg vom Dōjō, zahllose Sterne am Himmel — ein wahres Naturschauspiel.
„Zwischen Baumwipfel
Sterne funkeln
im Teich“
Jetzt noch schnell Bettfertig machen, bevor um 22:15 Uhr die Nachtruhe beginnt.
Der Sesshin Tag
Am sechsten Tag steht der Sesshin-Tag an.
An diesem Tag liegt der Fokus auf dem Zazen. Während das morgendliche Zazen mit Zeremonie und anschließendem Frühstück ganz so abläuft wie üblich, läuft der restliche Tag etwas anders. So gibt es kein Teishō, die Mittagszeremonie fällt weg und insgesamt ist weniger Zeit für Samu eingeplant. Stattdessen gibt vor dem Mittagessen, wie auch nach einem verkürzten Nachmittags-Samu noch einmal Zazen.
Die Praxis, insbesondere so eine intensive wie hier auf der Studienwoche, bringt eine Ruhe. Diese Ruhe ist aber nicht davon abhängig, ob es laut oder leise ist und auch nicht davon, ob um einen herum gerade viel los ist oder nicht. Diese Art der Ruhe dreht sich auch nicht darum, ob gerade viele Bilder oder Gedanken im Kopf auftauchen. Stattdessen ist es eine allumfassende Ruhe. Die Kraft dieser Ruhe liegt darin, einfach inmitten dem was ist zu sein. Mit der Natur, den anderen Menschen, dem gesamten Universum.
Diese Ruhe oder Stille hat einen Klang und es ist immer wieder wichtig, diesen Klang zu erneuern und zu stärken. So kann dieser Klang zu einem Grundton für unser gesamtes Leben werden.
Normalerweise wäre der Sesshin-Tag noch etwas länger, mit weiteren Runden Zazen. Und erst am darauffolgenden Tag wäre das Abendessen mit anschließendem Beisammensein. Durch den Besuch von Kakita Roshi wurde das aber etwas umorganisiert und beides fällt in dieser Studienwoche auf denselben Tag.
Das gemeinsame Abendessen ist dieses mal formlos. Anstatt von Essen in Stille, laufen an jedem Tisch zahlreiche Gespräche, die selbst mit dem Ende des Essens nicht weniger werden. Bis kurz vor 23 Uhr sitzen noch einige zusammen. Man findet immer wieder Leute, die einem irgendwie bekannt vorkommen, aber mit welchen man bisher noch nicht ins Gespräch gekommen ist. Spätestens jetzt ist ein guter Zeitpunkt sich mal weiter kennen zu lernen.
Bis zum nächsten mal
Da am vorherigen Tag die Nachtruhe erst später angefangen hat, fängt der Tag der Abreise auch erst etwas später an. Wer am Vortag nicht ganz bis zum Schluss im Kaminsaal war, hat so die Möglichkeit (fast) auszuschlafen.
Zum morgendlichen, aber etwas verkürzten Zazen ruft wie üblich das Holz. Wie an allen anderen Tagen folgt dem Zazen die Morgenzeremonie und das Frühstück. Im anschließenden Samu sind die meisten Leute noch in ihren Arbeitsbereichen tätig. Einige, mit besonders langer Heimreise, sind aber schon am Packen, um sich schon vorzeitig auf den Heimweg zu machen.
Das Teishō wird am letzten Tag der Studienwoche durch eine reine Frage-Antwort-Runde (Mondō) ersetzt. So gibt es nochmal die Möglichkeit, alle bisher noch offen gebliebenen Fragen zu stellen. Die Fragen müssen dabei nicht auf den Studientext bezogen sein, sondern können ganz allgemein, oder auch ganz persönlich, die Zen-Praxis betreffen.
Nach dem Mondō ruft das Küchenblech ein letztes mal zum Essen. Wie auch am Abend zuvor ist es wieder etwas formloser.
Nach dem Brunch beginnt dann das Aufräum- und Abreisegewusel. Alle sind mit Aufräumen, Packen, dem zu Ende führen von Gesprächen und schlussendlich auch dem Verabschieden beschäftigt. Nach und nach leeren sich so die Räume des Jakkō-ji wieder. Viele werden schon in wenigen Wochen, spätestens in wenigen Monaten, hierher zurückkehren. Der nächste Sesshin, das nächste Sommercamp, die nächsten Studienwochen kommen bald.
Bis bald, liebes Jakkō-ji und vielen Dank für diese Möglichkeit der gemeinsamen Praxis.
Gasshō
k.s.